Wohnen ist doch nicht Wohnen – oder doch?

Die alternativen Wohnformen im Alter werfen viele ordnungsrechtliche Fragen auf
Wohnen ist doch nicht Wohnen - oder doch?

Mit dem Trend zu neuen Wohnformen im Alter zwischen „privatem Wohnen zuhause“ und „Einrichtungswohnen“ kommen zunehmend nicht nur heimrechtliche Abgrenzungsfragen auf, sondern auch bauordnungsrechtliche Fragestellungen. Gegenstand der Abgrenzung ist dabei zunehmend die Frage: Sonderbau wegen besonderer Nutzung oder „normales Wohnen“? Brisant wird die Frage bei den ambulant betreuten Wohngemeinschaften.

So hatte sich das VG Potsdam (Urteil vom 30.06.2011 – 5 K 890/08 – n.rk.) mit dem Thema einer Senioren – Wohngemeinschaft in einem als Mehrfamilienhaus genehmigten Gebäude zu befassen, das weder barrierefrei war, noch die Brandschutzanforderungen an einen Sonderbau erfüllte, in dem sich aber auch ordnungsrechtlich kein „Heimbetrieb“ nach (brandenburgischem) Heimrecht befand. Als maßgeblich für den „Sonderbau“ sah das Gericht an, dass in dem Gebäude überwiegend pflege- und betreuungsbedürftigte Menschen lebten und organisiert versorgt wurden. Das Mehrfamilienhaus mutiert – nach brandenburgischem Baurecht – unabhängig von der einrichtungsrechtlichen Beurteilung in eine „sonstige Einrichtung zur Unterbringung und Pflege von Personen“.

Unverständlich und ärgerlich für Eigentümer, Vermieter wie auch Nutzer ist dabei, dass Bauordnungsrecht und Heimrecht nicht parallel laufen. In Nordrhein – Westfalen findet sich z. B. wenigstens in der relevanten bauaufsichtlichen Richtlinie vom 17.03.2011 (RdErl. d. MBV vom 17.03.2011 – X.1-141.01) ein gewisser Gleichklang nach dem Motto: liegt materiell keine Betreuungseinrichtung vor, so ist von einer Wohnnutzung auszugehen. Aber auch in NRW sind die Abgrenzungskriterien schwammig und im Ergebnis „schief“: Kann es wirklich darauf ankommen, ob die pflegerische Versorgung von vornherein im Vordergrund steht“ und „der so angelegte Betrieb von dem Wechsel einzelner Bewohner unabhängig auf Dauer und Nachhaltigkeit – anders als die häusliche Pflege (???) – angelegt ist“? Unabhängig davon, dass „Pflege im Vordergrund“ keinen „Betrieb“ begründet: Das Entscheidende ist, ob eine Einrichtung vorliegt , die eine Gesamtversorgungsgarantie bietet, in der die Gesamtverantwortung bei einem Träger liegt. Bei einem „Leistungsmosaik“ unterschiedlicher Anbieter bei freier Wahlmöglichkeit der Pflege und bei Selbstgestaltung des Lebensumfeldes wird das Wohnen an sich nicht „vergemeinschaftet“. Es bleibt Sache des Einzelnen und damit „normales“ Wohnen. Alles andere würde dazu führen, dass bei der älter werdenden Bevölkerung jedes Mietshaus, in dem Senioren mit Pflegebedarf wohnen, zum Sonderbau mutieren würde – ein einhellig wohl als abstrus zu bezeichnendes Ergebnis.

Dennoch: was zeigt der aufkeimende Trend der Bauaufsichten? Ob Sonderbau oder nicht: „gefahrengeneigtes“ Wohnen wird zunehmend zum bauaufsichtlichen Stein des Anstoßes mit der Konsequenz, dass sich Vermieter wie auch Erbringer von Pflegeleistungen auf das Thema sensibilisieren müssen. Denn: neben den bauordnungsrechtlichen Aspekten gibt es noch das nicht zu unterschätzende Risiko zivil- wie strafrechtlicher Verantwortung, wenn sich ein Brandrisiko realisiert und Menschen zu Schaden kommen. Insofern ist bei der Umwidmung von Bestandsgebäuden eine umfassende heimrechtliche wie auch bauordnungsrechtliche Prüfung angesagt, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

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